wieder und wieder gelesen und bin dort wohl zum ersten Mal Odysseus begegnet. Für mich war er natürlich immer der Held, mein Held, und zu einer differenzierteren Betrachtung, über das gesamte Spektrum der Lebens- und der Charakteraspekte, war ich damals noch nicht fähig.
Im Rahmen meiner Bemühungen in den
letzten Jahren um die italienische Sprache habe ich Sprachreisen gemacht und
verschiedene Sprachschulen besucht (siehe hierzu auch meine Posts aus Taormina
und Tropea) und wollte mir zum Weiterlernen italienische Lektüre kaufen.
In diesem Zusammenhang kam ich auf den
Gedanken, ein Lieblingsbuch aus meiner Jugend, die Sagen über Odysseus, auf Italienisch zu lesen, um mich so zu motivieren. Und das
gelang mir auch.
Ich fand das Buch „Ulisse - Il re dei
viaggi" von Roberto Piumini (Verlag Nuove Edizioni Romane, 2009), ein Buch
für junge Leser ab neun Jahre...Ich konnte also einer einfachen Sprache sicher
sein und fand so ein Pendant zu dem Buch aus meiner Kindheit.
Dieses Buch habe ich tatsächlich in
Abständen durchgearbeitet und mir alle neuen Wörter heraus geschrieben, die
Motivationshilfe hatte gewirkt.
Worauf es mir bei diesem Post aber
ankommt und was ich teilen möchte, ist jedoch das Vorwort von Roberto Piumini,
in dem er über das Reisen in vergangenen Tagen und das Reisen heute schreibt.
Es gefällt mir sehr gut und ich muss an die Mühsal von Reisen in früheren
Zeiten denken und unser jetziges Reisen kritisch beleuchten.
Ich übersetze frei:
Heute ist es leicht zu reisen. Man zeigt
mit dem Finger auf eine Landkarte und sagt "dort". Man kauft eine
Fahrkarte, setzt sich in eine "Büchse" (ein Flugzeug, ein Auto, ein Eisenbahnwaggon)
und los geht's. Die Straßen sind glatt, die Beschilderung ist klar, und wenn
nicht zu viel Verkehr ist, kommt man ohne Schwierigkeiten an.
Das jedoch sind armselige Reisen, Reisen
ohne Würze. Die Augen sehen flüchtig Berge und Meere; doch der Körper berührt
sie nicht und der Geist versteht sie nicht. Menschen fliegen vorbei wie ein
Wald von Statuen. Man hat nicht einmal Zeit für Nostalgie.
Früher wurden Reisen aus Gründen von
Ankündigungen gemacht, in der Folge von Bitten, wegen Schlachten,
Verlusten, zur Ruhe, zur Erforschung, aus Schrecken, wegen Entdeckungen, zur
Strafe, aus Hunger, aus Sättigung, aus eigenen Wünschen oder Wünschen für
andere, wegen Erinnerungen, Verzweiflung, Treue, Nostalgie oder wegen
Zurückgekehrten.
Man reiste nicht, um etwas zu sehen,
sondern um etwas zu tun: und die Reise war eine große Aufgabe. Die Reisen
fanden nicht schnell statt, sie dauerten einen Teil der Lebenszeit, sie waren
lebendig.
Zu jener Zeit gab es tatsächlich nicht
viele Reisende: für viele Menschen blieb die Welt, von der Geburt bis zum Tod,
abgeschlossen in einem Kreis eines Tals oder einer Umgebung von Bäumen. Man
begnügte sich damit, mit de Augen die alltägliche "Reise" der Sonne
und des Mondes sowie der mysteriösen Passage der Vögel und der Wolken zu
verfolgen.
Aber die, die reisten, reisten wirklich.
Sie brachen auf und kamen möglicherweise nicht zurück. Die, die zurückkamen,
hatten sich verändert: man erkannte an ihren Augen und hörte aus ihren Worten,
dass sie gereist waren. Auch wenn man noch glaubte, dass die Welt als Scheibe
existierte, so wussten die, die gereist waren, dass sie eine Kugel ist: rund
wie eine geschlossene Faust, wie eine Frucht, wie ein Stein oder der Kopf eines
Menschen. Und für manch einen Krieg, für den sie abgereist waren, kamen sie mit
dem Frieden zurück.
So waren die Reisen von Odysseus und
denen, die ihn begleiteten.
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